Sortenvielfalt

Der Schatz vor unserer Haustür

Es gibt immer weniger Sorten auf der Erde. Das könnte fatal sein, denn wir brauchen Pflanzen, die auch im Klimawandel wachsen. Alte Sorten könnten unser Rettungsring für die Zukunft sein. Warum? Das erfährst du hier.

Was ist eine „Alte Sorte“?

Arten

Arten unterscheiden sich genetisch voneinander und können allein aufgrund ihres Aussehens oft gut auseinandergehalten werden. Zum Beispiel sieht eine Tomate deutlich anders aus als eine Gurke.

Unterarten

Innerhalb einer Art können sich im Laufe der Jahrhunderte Unterarten entwickeln. Das passiert, wenn Individuen der Art sich an eine bestimmte Umgebung, wie sehr trockene Gebiete, anpassen und nützliche Eigenschaften entwickeln, die ihnen helfen in diesen Bedingungen zu überleben.

 

 

Sorten

Bei Sorten passiert das nicht ausschließlich durch die Natur, sondern durch menschlichen Einfluss. Menschen haben Pflanzen gezüchtet und verändert, um bestimmte gewünschte Eigenschaften zu fördern, z. B. auch bei Wassermangel zu wachsen oder mehr Ertrag zu liefern. So sind von der Art „Tomate“ über die Jahrhunderte z. B. über 10.000 verschiedene Sorten entwickelt worden!

Alte Sorten

Alte Sorten sind oft Jahrhunderte alt. Sie kommen aus einer bestimmten Gegend und wurden im Laufe der Zeit an „ihre“ Region angepasst. An den Boden, die Temperaturen, die Höhenlage, das Wetter vor Ort usw. So ist auf der ganzen Welt eine Vielfalt von Pflanzensorten entstanden.

Sortenvielfalt

Diesen Reichtum nennt man Sortenvielfalt. Die vielen Sorten sehen in ihren Farben und Formen nicht nur verschieden aus, sondern unterscheiden sich auch im Geschmack, im Geruch und teilweise auch dem „Verwendungszweck“.

Beispiel Apfel

Auf der ganzen Welt gibt es mehr als 20.000 verschiedene Apfelsorten. Doch vier Sorten (Golden, Fuji, Gala und Pink Lady) machen 90% (!) des Weltmarktes aus. Wenn sie nicht aus Bio-Anbau stammen, werden diese Äpfel bis zu 21 Mal pro Jahr mit Pestiziden bespritzt. Ein gefährlicher Gift-Cocktail, der unsere Gesundheit und zahlreiche Tiere und Pflanzen bedroht.

Alte Apfelsorten von Streuobstwiesen oder aus Bio-Anbau sehen vielleicht nicht immer so makellos wie die Standard-Sorten aus, aber sie können äußerst gut schmecken, sind gut für die biologische Vielfalt und haben oft auch noch ziemlich witzige Namen.

Birkenfelder Rotäpfelchen

Die glänzend dunkelroten Äpfel sind so lange haltbar, dass sie früher als Schmuck für den Weihnachtsbaum verwendet wurden. Die Sorte kommt aus Rheinland-Pfalz.

Bittenfelder Apfel

Eignet sich hervorragend für Apfelsaft. Er ist relativ klein, aber dafür voller sekundärer Pflanzenstoffe, d. h. besonders gesund. Die Sorte kommt aus Bittenfeld in Württemberg.

Finkenwerder Herbstprinz

Hat ein intensiv würziges Aroma und war mal ein sehr bedeutender Wirtschaftsapfel in Norddeutschland. Der Apfel kommt aus der Gegend südlich von Hamburg.

Schöner vom Oberland

Die Äpfel sind nicht lange haltbar und werden deshalb gerne zu Apfelmus oder Kompott verarbeitet. Die Sorte kommt aus Oberschwaben.

Schöner von Herrnhut

Eignet sich besonders zum Frischverzehr und für Apfelsaft. Er ist reich an Polyphenolen. Das sind Stoffe, die Entzündungen und Allergien hemmen. Die Sorte kommt aus der Oberlausitz.

Luikenapfel

Der Apfelbaum kann ein hohes Alter erreichen und gilt als einer der größten in Deutschland. Schmeckt saftig und süß und eignet sich auch gut für Apfelsaft. Die Sorte kommt aus Württemberg.

Arche des Geschmacks

Die hier vorgestellten Apfelsorten sind Teil der „Arche des Geschmacks“. Dieses Projekt der Slow Food Stiftung für Biodiversität schützt weltweit Lebensmittel, Nutztierarten, Kulturpflanzen und traditionelle Zubereitungsarten vor dem Vergessen und Verschwinden.

Mehr Arche-Passagiere entdecken:

Neue Sorten vs. Alte Sorten

Seit den 50er Jahren hat sich die Landwirtschaft von einer immer kleineren Anzahl Arten und Sorten abhängig gemacht. „Neue“ Sorten, sog. Hybrid-Pflanzen, haben keine Bindung an ein bestimmtes Gebiet und können quasi überall wachsen. Sie lassen sich gut mit Maschinen ernten, sehen bestenfalls gut aus und haben einen Standardgeschmack. Doch sie haben auch einige Nachteile.

Bald findest du hier eine Podcast-Folge zum Thema.

Klimawandel und Sortenvielfalt

Alte Sorten spielen eine entscheidende Rolle für die Erhaltung der Biodiversität und sind unsere Verbündeten im Klimawandel:

Anpassung an regionale Verhältnisse

Alte Sorten sind häufig über viele Generationen an das Klima und die Geografie einer Region angepasst worden. Dadurch sind sie robuster gegenüber Veränderungen.

Resistenz gegen Krankheiten

Viele alte Sorten haben natürliche Abwehrmechanismen gegen Krankheiten und Schädlinge entwickelt. Deshalb eignen sie sich gut für die Züchtung neuer, widerstandsfähiger Pflanzen, die wir bei fortschreitender Erderwärmung gebrauchen könnten.

Genetische Vielfalt

Alte Sorten sind durch ihre genetischen Merkmale nicht nur widerstandsfähiger gegenüber Krankheiten und Schädlingen, sondern auch gegenüber Umweltveränderungen. Das hilft, das Risiko von Ernteausfällen zu reduzieren, wovon moderne Hybrid-Pflanzen oft stärker betroffen sind.

Kulturelles Erbe

Alte Sorten repräsentieren auch das kulturelle und kulinarische (= geschmackliche) Erbe einer Region. Sie tragen dazu bei, traditionelle Landwirtschaft und lokale Identität zu bewahren, denn Menschen identifizieren sich mit Produkten, die eng mit ihrer Heimat verbunden sind.

Nachhaltigkeit

Alte Sorten benötigen oft weniger Dünger und Pestizide, was umweltfreundlicher ist und die biologische Vielfalt fördert. Außerdem sind sie samenfest, d. h. man kann von der Pflanze Saat ernten und im nächsten Jahr wieder aussäen. Bei modernen Sorten ist das oft nicht der Fall.

Klimaschutz

Der Kauf von alten Sorten ist ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz! Frische Lebensmittel aus der eigenen Region haben kurze Transportwege und sparen dadurch CO2.

Erhaltung von Lebensräumen

Die intensive, moderne Landwirtschaft ist ein großes Risiko für die Umwelt, weil sie auf Einheitlichkeit und maximalen Ertrag ausgerichtet ist (siehe dazu auch die anderen Green Spoons Module). Eine größere Pflanzenvielfalt mit alten Sorten unterstützt die Tierwelt, einschließlich Bestäuber wie Bienen und Schmetterlinge.

Was du tun kannst

Ernähre dich vielfältig!

Versuche dich „sortenreich“ zu ernähren. Probiere immer mal wieder was Neues aus. Inspiration kannst du dir auf unserem Instagram-Kanal holen: @slowfooddeutschland

Schau im Bioladen!

Im Bioladen ist die Chance am höchsten, alte Sorten bzw. mehrere Sorten einer Pflanze zu finden. Bestimmt gibt es viel zu entdecken: lila Möhren, gesprenkelte Bohnen, verschiedene Sorten Äpfel…

Schau auf die Seite der Arche des Geschmacks!

Sind Lebensmittel, Nutztierarten, Kulturpflanzen und Zubereitungsarten aus deiner Region dabei, zu deren Erhalt du durch deinen Einkauf beitragen kannst? www.slowfood.de/arche

Unterstütze Streuobstwiesen!

Kaufe Produkte von Streuobstwiesen. Dort findest du oft noch alte Sorten. Es gibt z. B. Säfte, Limonaden und Apfelmus von Streuobstwiesen.

Werde zur Gärtner*in!

Auf dem Balkon oder im Garten: Versuche dein eigenes Obst und Gemüse anzubauen, zum Beispiel Tomaten. Verzichte beim Anbau von eigenen Lebensmitteln auf Chemie und nutze ökologisch erzeugtes, samenfestes Saatgut.

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Nächste Themen

Was bei Pflanzen eine Sorte ist, ist bei Tieren die Rasse. Mehr dazu auf der nächsten Seite:

Biodiversität
Was ist das eigentlich?
Sortenvielfalt
Warum ist sie so wichtig?
Lebensraum Weide
Glückliche Kühe, glückliches Klima?